Denkzettel: Corona – alles wegen mir?

von Gunter Denk

Ich bin ein Hochrisiko! Fast 70 Jahre alt, adipös (für nicht-Lateiner: zu fett), der Rhythmus meines Herzes ist nunmehr ebenso unkontrolliert wie der meiner Tanzschritte im Cha-Cha-Cha-Kurs meiner frühen Jugendzeit. Und dem Wein zugeneigt bin ich seit meinem ersten Delirium als Gast einer studentischen Burschenschaft im schönen Würzburg. In mir findet das Corona-Virus also einen “Wirt“ im wahrsten Sinne des Wortes, der den Tisch für den unheilvollen Gast perfekt gedeckt hat.

Und jetzt hat doch die Welt, angeführt von der WHO, Karl Lauterbach und Bill Gates, entschieden, mir ihren Schutz angedeihen zu lassen.  Sie sperrt alle Menschen ein, damit das Virus mich nicht findet.

Wegen mir gehen seit Monaten Restaurants und Kneipen in die Pleite, die doch über Jahrzehnte gerade von mir gelebt haben.  Wegen mir dürfen Kinder nicht mehr in die Schule, was Lehrer zu noch mehr Müßiggang zwingt. Männer werden von ihren Frauen zu Hause verdroschen, weil diese erst durch den Hausarrest merken, wen sie da einstmals geheiratet haben.

Und noch schlimmer: Wegen mir haben Bill, Karl und Gefolgschaft die Wirtschaft stillgelegt. Millionen Menschen wurden arbeitslos, weltweit schon zwei Millionen Krebs-Operationen vertagt, Krankenhäuser stehen mit nagelneuen Beatmungsmaschinen leer und Pizzabäcker, die nicht arbeiten dürfen, grölen bezirzend „O Sole Mio“ von Balkonen, wenn sie eine Krankenschwester vorbeigehen sehen. Sogar Airlines gehen wegen mir bankrott (was ich im Falle Lufthansa wegen meiner Erfahrungen als Fluggast ausnahmsweise ohne Klagen hingenommen hätte).

Ich selbst hingegen hätte – offen gesagt – auf diesen mir von „Mutti“, ihren Co-Regierenden, und ihren Veterenärmedizinern vom RKI  angedienten Schutz am liebsten dankend verzichtet.

Ich möchte eigentlich meine weiteren Jahre spannend und durchaus verbunden mit gewissen Risiken verbringen. Vielleicht springe ich nochmal mit dem Fallschirm ab, entschließe mich, mit weißen Haien zu tauchen, lese betäubende 1000 Seiten aus „Dr. Schiwago“, oder setze sonst etwas absolut Unvernünftiges auf meine „Bucket-List“. Wegen nichts davon sollten allerdings die Wirtschaft stillgelegt und Menschen in den Suizid getrieben werden.

Ich hätte auch viel lieber weiter jeden mit den Worten „Bleib mir ja bloß vom Hals! Denkste, ich will mich anstecken?“ angeschnauzt, der mir mit triefender Nase oder Husten zu nahekommt! Stattdessen muss ich nun mit sorgenvollem Gesicht etwas von „Social Distancing“ faseln.

Allerdings: Es wäre mir auch manche Humoreske entgangen!

Vielleicht hätte ich nie den „Top-Virologen“ Drosten mit den „sinnlichen Lippen“ (Zitat einer großen Tageszeitung!) im TV bewundern können. Auch hätte ich wohl nie erfahren, dass mir ein Comedian namens Karl Lauterbach schon durch sein bloßes Erscheinungsbild Lachtränen in die Augen treiben kann. John Cleese in „Fawlty Towers“ war ein Langweiler gegen „Freaky Karl“.

Und einen fränkischen Politiker, der sich die bayerischen Farben vor den Mund schnallt, um besonders schneidig und kanzlerreif zu wirken, hätte ich sonst ganz sicher nur zu Zeiten der Fastnacht erleben dürfen.

Was wäre mir noch entgangen?

Zum Beispiel die Bäckerei in der Pfalz, die an der Ladentür „Gemeinschafts-Leihmasken“ für die Kunden aufgehängt hat, die keine eigene Maske besitzen. Oder auch die Bundestagsabgeordneten, die sich in der Bundeshauskantine vor Lachen über ihre gehorsamen Untertanen auf die Schenkel klopfen, während sie ohne Mundschutz zusammensitzen und von Bedienungen ebenso „ungeschützt“ versorgt werden.

Besonders großartig finde ich auch, dass ich heutzutage in der ausgelegten Gästeliste beim Italiener notieren kann, wo die hübsche Blondine wohnt, die da gerade vor mir hereinkam, und unter welcher Telefonnummer ich sie anmachen kann. Das Herauszufinden was früher schwerer! Es lebe der Datenschutz-Lock-Down!

Auf manches aber hätte ich auch wiederum gerne verzichtet.

Zum Beispiel, dass ich in einem Restaurant der besten aller Ehefrauen getrennt durch eine Glasscheibe (und links wie rechts durch eine ebensolche eingerahmt) gegenübersitzen muss, bevor ich mich zu ihr ins Auto setze … und mich zu Hause wieder unmaskiert den Gefahren unseres Doppelbetts aussetze.

Verzichtet hätte ich auch gerne auf Politiker, die gerade einmal zu meinem Schutz die Grundrechte der Freizügigkeit, der freien Berufsausübung, der Religionsausübung, sowie das Eigentums- und Demonstrationsrecht aufgehoben haben.

Sie alle wollen mich damit, so sagen sie, vor einer Gefahr schützen, die als Ursache meines Ablebens statistisch ähnlich wahrscheinlich ist, wie dass ich von einem Intercity überfahren werde. Sollte ich da nicht auch besser Bahnhöfen fernbleiben, wo es von Intercitys geradezu wimmelt?  Sicher ist jedenfalls, dass ich in Zukunft nur noch gemeinsam mit höchsten 6 Personen aus zwei Haushalten auf Bahngleisen spazieren gehen werde.

Bei allen, die auf solche und ähnliche Weise leiden müssen, um mich – das Hochrisiko – zu schützen, entschuldige ich mich ehrlich und aufrichtig! Zumal ich mir nicht sicher bin, ob das alles zu meinem Schutz so nötig war. Auch möchte ich gar nicht wissen, was manchem noch so einfällt in der neuen Absurdität … oh sorry „Normalität“!

Die Drostens, Lauterbachs und all die politischen „Wannabee-Autokraten“ erinnern mich jedenfalls mit ihren Rechtfertigungsversuchen an den Mann, der neulich in Nürnberg auf der Straße stand und laufend in die Hände klatsche. „Ich vertreibe die Krokodile“, begründete er sein Verhalten. Darauf aufmerksam gemacht, dass es doch in Nürnberg gar keine Krokodile gebe, erklärte er stolz den braven Bürgern: „Da Siehst Du es – mein Klatschen hat gewirkt!“